Buch: Der Hightech-Gulag. Chinas Verbrechen gegen die Uiguren | C.H. Beck | 2023
Keine andere Region der Welt wird auch nur annähernd so intensiv elektronisch überwacht wie Chinas westliche Provinz Xinjiang. Der Sinologe und Journalist Mathias Bölinger beschreibt, wie dieses System 2017 zusammen mit einem dichten Netz von Lagern installiert wurde. Er erläutert die lange Vorgeschichte der chinesischen Vernichtungskampagne gegen die Uiguren und zeigt, dass die Verfolgung bis heute zwar unsichtbarer, dafür aber umso perfider weiterbesteht. Sein profundes Buch, das auf jahrelanger Recherche in China und vor Ort basiert, ist eine erschütternde Mahnung, im Verhältnis zu China nicht wieder zur Tagesordnung zurückzukehren.
«Sperrt alle ein, die eingesperrt gehören», befahl Parteisekretär Chen Quanguo, als er 2016 von Tibet nach Xinjiang wechselte. «Brecht ihre Wurzeln!» Schätzungsweise ein Zehntel der uigurischen Bevölkerung wurde daraufhin in überfüllten Umerziehungslagern interniert. Allgegenwärtige Kameras zur Gesichtserkennung und Spionage-Apps überwachen jeden Schritt der Bevölkerung – ein Hightech-Gulag. Mathias Bölinger hat zahlreiche Augenzeugen befragt und zeigt an ihren Geschichten und anhand der neuesten Leaks, wie ständige Angst, Festnahmen, Verhöre, psychische und physische Folter die Menschen zermürben. Er erklärt, wie sich das Misstrauen Chinas gegenüber den muslimischen Turkvölkern im Westen vom Kaiserreich über die Kulturrevolution bis zur Ära Xi Jinping in Wellen radikalisiert hat und welche politischen Konstellationen und Ideologien die Unterdrückung befeuern. Der Westen ist schnell mit Verurteilungen zur Stelle, Konsequenzen folgen aber nur zögerlich. Dabei hätten, wie das anschaulich geschriebene Buch zeigt, Politik und Wirtschaft durchaus Hebel in der Hand, um etwas zu bewirken.
Erschienen im Februar 2023
Kriegsalltag in der Ukraine: Schäfchenwolken im Hinterland | DW | 2022
Unser Korrespondent hat den Beginn des Kriegs in der Ukraine erlebt und ist seitdem in der Hauptstadt Kiew und in anderen Teilen des Landes unterwegs. Eindrücke vom Alltag im Krieg. Von Mathias Bölinger, Kiew.
Ein Erdgeschossfenster in Kiews Hipster-Bezirk Podil. „Glühwein, Kaffee, Tee“, steht auf einer Tafel daneben. Wein ist tabu, das Kriegsrecht verbietet den Verkauf von Alkohol. Aber Kaffee und Tee bietet der Mann weiterhin an. Wir staunen. „Wie schön, dass Sie noch hier sind“, sagen wir leicht ungläubig zu dem Verkäufer. Der zuckt mit den Schultern. „Natürlich bin ich hier.“ Dabei ist das alles andere als natürlich. Vor dem Krieg war Kiew übersät mit solchen kleinen Kaffeebuden. Jetzt sind sie geschlossen. Der Mann hinter dem Fenster ist ein Vorkriegsrelikt.
Unwirkliche Gleichzeitigkeit
Wenn es etwas gibt an diesem Krieg, das schwer zu begreifen ist, dann ist das die Gleichzeitigkeit von Dingen, die nicht zusammenpassen: Stille und Gewalt, Alltag und Angst. Als die ersten russischen Bomben fielen, war ich gerade im Osten des Landes, im Donbass. Hier wird seit acht Jahren gekämpft. Im Anlauf zur großangelegten Invasion, die Putin plante, eskalierte hier die Gewalt. Dörfer, in denen es trotz des Konflikts jahrelang ruhig geblieben war, wurden plötzlich mit Granaten beschossen. Vielen Menschen war ein Gefühl von drohendem Unheil anzumerken. Weiter
Erfinder nach Plan | China und die künstliche Intelligenz | Die Zeit | 2018
Das Computerprogramm von Megvii trifft eine erste Entscheidung: „Männlich, kurze Haare, grünes Hemd und schwarze Hose“. So klassifiziert das Programm einen Passanten, der in einer Kameraübertragung aus der Vogelperspektive gerade im Bild auftaucht. Gleich danach erkennt es ein Auto als „Personenfahrzeug“.
Zwei Versuche, beide richtig. Die Software der Firma Megvii gilt als eines der weltweit führenden Systeme für die automatische Erkennung von Personen und Gegenständen. Weiter
Kleine Kredite, große Krise | Die Zeit | 2016
Chinas Wirtschaft leidet, weil Firmen von Banken kaum Geld bekommen. Nun besorgen sie es sich bei undurchsichtigen Online-Vermittlern.
Im Reich der Krise | DIE ZEIT | 2015
Chinas Wirtschaft hat lange floriert und den Wohlstand der Welt wachsen lassen. Das hat sich geändert. Woran liegt es?
Im Reich der Krise | DIE ZEIT Nr. 50/2015 | 10. Dezember 2015
Deutsch-jüdisches Kulturerbe in China | Deutsche Welle | 2012
Als Ende der 1930er Jahre immer mehr Juden aus Deutschland und Österreich verzweifelt versuchten, dem Nazi-Terror zu entkommen, gab es kaum noch Orte, wo sie hingehen konnten. Shanghai aber war eine Option geblieben.
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Berichte aus dem Abgrund | Neue Zürcher Zeitung | 2012
Am Sonntag erhält der chinesische Schriftsteller und Dissident Liao Yiwu den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels Feuilleton Innerhalb eines Jahres ist Liao Yiwu im Ausland zu einem der bekanntesten Schriftsteller Chinas geworden. Sprachmächtig zerrt er die dunkelsten Seiten Chinas ans Licht und verleiht denen eine Stimme, die keine haben.
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Vietnams tödliches Erbe | Neue Zürcher Zeitung | 2010
Am 30. April jährt sich zum 35. Mal der Fall der südvietnamesischen Hauptstadt Saigon und damit das Ende des Vietnamkriegs. Auch heute sind grosse Teile des Landes noch immer mit Blindgängern verseucht.
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Keine chinesischen Fähnchen in Kashgar | Neue Zürcher Zeitung | 2008
Während der olympischen Spiele haben die Sicherheitsmaßnahmen die westchinesische Stadt Kashgar fest im Griff Weiterlesen